Mit Tieren zu leben, ist für mich eine
Selbstverständlichkeit. Ich kenne es nicht anders. Seit ich denken kann hatten
wir Katzen, dann Pferde und noch diverse „Zuläufer“.
Und dies sogar, obwohl mein Vater kein großer Tier-Fan
war. Vor allem Pferde waren ihm sogar ein richtiger Dorn im Auge. Er konnte es
nicht nachvollziehen, warum wir so gerne im Stall waren und dort so viel Zeit
verbrachten. Sport grundsätzlich ja, aber reiten? Auch mit unserer Katze war es
eher eine Art Koexistenz ganz nach dem Motto „leben und leben lassen“.
Für ihn war die Arbeit das Wichtigste. Erst als er
älter wurde und es ihm gesundheitlich schlechter ging, schien er zu bemerken,
dass es noch andere Dinge im Leben gab. Die Umsetzung und das Loslassen von der
Arbeit fielen ihm schwer, eigentlich gelang es ihm nie. Aber man merkte ihm an,
dass er etwas ruhiger wurde.
Eines Tages
sollte ich für ihn Anzüge in der Reinigung abholen. Eine Übergabe war gar nicht
so leicht einzurichten, so dass ich ihn überredete, die Sachen bei mir im Stall
abzuholen. Ich musste an dem Tag schließlich noch mein Pferd versorgen.
Widerwillig stimmte er zu.
Ich war erstaunt und mir fiel auf, dass er tatsächlich
noch nie mit war. Und das, obwohl wir (zumindest meine Schwester, meine Mutter
und ich) unser Pferd zu diesem Zeitpunkt schon ganze 20 Jahre zu unserem
Familienmitglied zählten.
Es war ein herrlicher Sommerabend. Ich war mir meinem
Pferd und meinem Hund gerade auf dem Reitplatz und wir beschäftigten uns mit
ein paar Spielchen. Das fanden die beiden immer am tollsten. Da sah ich meinen
Vater, mal wieder sehr gestresst, mit seinem großen Wagen durch den Schlamm
Richtung Stall kommen.
Er stieg aus und suchte nach mir. Da der Reitplatz
etwas versetzt lag, konnte er mich nicht gleich sehen, ich ihn aber recht gut
beobachten. Zunächst wirkte er recht hilflos und etwas genervt, doch dann sah
er sich um und richtete seinen Blick auf die Pferdekoppel. Da standen die anderen
Pferde. Sie grasten zufrieden und ruhig vor sich hin, die Sonne ging so langsam
unter. An seinem Blick konnte ich erkennen, dass er diesen Anblick genoss und
er wirkte gleich auch viel entspannter. Es kam ihm sogar ein Lächeln über sein
Gesicht.
Dann drehte er sich um und kam auf uns zu, nachdem er
uns schließlich entdeckt hatte. Er sagte: Mensch ist das hier schön und
idyllisch! Das hatte ich mir ja völlig anderes vorgestellt“ (bzw. gar nicht,
dachte ich mir). Für mich sehr überraschend, nahm er ohne weitere Worte auf der
Bank am Reitplatz Platz und ließ sich zufrieden nach hinten sinken. Er blieb noch
eine Weile und schaute uns einfach zu. Bevor er wieder fuhr, teilte er mir mit, dass er nach den vielen Jahren endlich
verstehen könne, was wir daran so toll fanden.
Manchmal reicht einfach schon ein kleiner Moment zur Erkenntnis und zur Erweiterung seines Bewusstseins - man muss nur die Chance dazu bekommen und zur richtigen Zeit am richtigen Ort sein.