Donnerstag, 14. Juni 2018

Das Experiment - ein Sommer lang "Papa"


Gerade in dieser Jahreszeit hat die Natur viel zu bieten. Alles ist grün und blüht, alle sind wieder gerne im Garten oder im Freien.

Ich persönlich bin am liebsten mit meinen Tieren im Garten oder bei meinem Pferd im Stall. Es ist natürlich dabei auch toll die Pflanzen und Blumen zu sehen, aber einen richtig grünen Daumen habe ich leider nicht. Ich genieße es, ohne die jeweiligen Bezeichnungen zu kennen oder selbst bewusst etwas anzupflanzen. Schade eigentlich, da das auch sehr interessant ist und bestimmt Spaß macht. Aber gut, so ist das eben. Trotzdem habe ich diesen Gedanken zum Anlass genommen, mich im Bekanntenkreis umzuhören, was denn nicht alles so auf dem Balkon oder im Garten angepflanzt wird oder auf was andere in dieser Jahreszeit besonderen Wert legen. Jeder erfreut sich schließlich an unterschiedlichen Dingen. Als wir in unserem Team darüber gesprochen haben, hat mir einer meiner Kollegen von einem kleinen Experiment erzählt, welches er durchgeführt hat. Seinen Bericht wollen wir euch natürlich nicht vorenthalten. Vielleicht habt ihr ja dann auch mal Lust, euch dieser Herausforderung zu stellen 😊  


Ein Sommer lang Papa


Der Titel für meine Geschichte mag einem auf den ersten Blick etwas verwirrend erscheinen. Hier geht es auch nicht in erster Linie darum eine Vaterrolle für ein Kind übernommen zu haben; ebenso wenig Herrchen für ein Tier gewesen zu sein. Es geht um die Zeit mit einer  Pflanze.


Ja, auch Pflanzen brauchen einen Beschützer, denn selbst sie fangen ganz klein an und überragen nach Jahren sogar Häuser. Das ist äußerst beeindruckend und eine optimale Entwicklung ist nur unter bestimmten Voraussetzungen möglich. Das wollte ich mir genauer anschauen und habe mir daher vorgenommen, mich diesen Sommer mit Pflanzen zu beschäftigen. Und zwar mit einer ganz besonderen.  


In meiner folgenden Geschichte geht es um eine scharfe Beere – die Chili.


Am bekanntesten ist die Sorte der länglich roten Chilis, und an genau diese habe ich mich herangewagt. Es ist immer einfach, durch unsere Supermärkte zu laufen, sich fertige Chilis in den Einkaufswagen zu legen und an der Kasse zu bezahlen. Allerdings selber den Weg vom Samen bis zur fertigen Frucht zu gehen, bedeutet viel Ausdauer und auch Verantwortung.


Angefangen mit einem passend roten Gewächshaus, ein paar Chili Samen und unfertigen (noch trockenen und zusammengepressten) Quelltöpfen, habe ich meine Aufzucht begonnen.


Die Quelltöpfe habe ich in das Gewächshaus gelegt, mit der kleinen Öffnung nach oben, in die später die Samen hineingegeben werden. Das Gewächshaus, das ich benutzt habe, hatte extra kleine Einkerbungen, damit die Quelltöpfe Halt bekommen können. Sobald die Erdtabletten ausgelegt waren, konnte ich langsam Wasser auf den Boden des Gewächshauses gießen. Immer wieder habe ich diesen Vorgang wiederholt, bis die Quelltöpfe richtig vollgesogen waren. Bestimmt 10 cm sind sie dabei aufgegangen. Während der 2 Stunden Aufquellzeit habe ich mich ein bisschen von Kochbüchern inspirieren lassen, wie man Chilis am besten in Gerichten einsetzen kann.

Bis dahin war es auch noch absolut klar, dass am Ende, bei einer erfolgreichen Ernte, die Schoten zum Kochen verwendet werden würden. Dazu später aber mehr…


Die nächste Etappe beinhaltete im Prinzip nur das Einlegen der Samen in die kleinen Öffnungen der herangewachsenen Quelltöpfe. Mit leichtem Nachdrücken sichert man den Kontakt mit der Erde und somit mit der Feuchtigkeit, die zur Keimung absolut notwendig ist. Samen können unfassbar hart sein, sie zählen nicht ohne Grund zum Teil zu einem der härtesten Bewohner unseres Planeten. Bis die ersten ihre kleinen Köpfchen aus dem Saatkorn strecken, dauert es ein wenig, da sich zudem, wie ein kleines Biotop, das Gewächshaus erst einmal entwickeln muss. Ich habe in der Hinsicht die Schotten der Kinderstube dicht gelassen und sie absichtlich direkter Sonneneinstrahlung ausgesetzt. Wenn die Quelltöpfe auf trockenem Boden standen, habe ich natürlich sofort nachgegossen. Auch die Kleinen können schon sehr durstig sein.

Diese Phase der jungfräulichen Aufzucht wird solange durchgezogen bis die Pflanzen das Dach des Gewächshauses berühren. Zwischenzeitlich habe ich allerdings angefangen die Luftschlitze halb bis ganz zu öffnen, damit kein Moor entsteht. Diesbezüglich muss man stark Acht geben. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass bei geringster Überwässerung kleine Tierchen anfangen sich breit zu machen. Auch minimal „schimmelartig“ hat es 1-2 Pflänzchen überzogen, was schnell wieder mit einer kleinen Wasser – Diät beseitigt werden konnte 😊


Jetzt kommen wir zu meiner Lieblingsstelle: dem Umtopfen.

Wichtig ist hierbei, Wert auf die starken Pflanzen zu legen. Die haben absolut Vorrang und bekommen die VIP Plätze im neuen, großen Topf. Wenn man es jetzt schon nicht übers Herz bringen kann, dann darf man natürlich auch die schwachen Pflanzen mit umziehen lassen.

Der Knackpunkt hierbei war, dass meine kleinen Chili-Kinder einer ganz neuen Gefahr ausgesetzt wurden: dem Garten. Die rote Kinderstube wurde geleert und geputzt, für die nächste Generation im kommenden Jahr. Ein vor Schnecken und Schädlingen ungeschützter Topf ist nun das Zuhause geworden. Jetzt kommt die Zeit richtig Verantwortung zu übernehmen.

Ausgerüstet mit einem natürlichen Dünger und Kupferbändern gegen die schleimige Gefahr - die Schnecken-, habe ich die Herausforderung angenommen. Verantwortung bedeutet nicht nur morgens und abends zu gießen, sondern auch sicherzustellen, dass Erde und Pflanze sich ungestört vereinigen.

Diesen Schritt hatte ich geschafft. Das erste Glücksgefühl kam auf, als sich kleine weiß-gelbe Blüten gebildet hatten. Der ein oder andere erfahrene oder berufliche Züchter mag jetzt schmunzeln, aber bei einem Rookie wie mir kam ein weites Grinsen auf.


Doch die nächste Challenge, und wie mir bewusst wurde eine der wichtigsten, kam auf mich zu und ich musste mir weitere Fragen stellen. Ist mein gewählter Ort zur Aufzucht auch ordentlich gewählt? Wo bleiben die Bienchen? Braucht es die überhaupt? Dr. Google habe ich absichtlich nicht zu Rate gezogen. Das musste ich selber herausfinden. Der Pflanzengott (sofern es ihn gibt 😊) war auf meiner Seite. Die Blätter fielen nach und nach ab und es entstanden die ersten Mini-mini-mini Schötchen.


Abwarten und beim Wachsen zusehen waren nun meine wichtigsten Aufgaben in der nächsten Zeit.

Zwischendurch plagten mich die ein oder anderen Fraßspuren an den Blättern, das Wetter, welches nicht mitspielen mochte oder schlichtweg die eigene Ungeduld. Meine Teenager-Chilis wollten aber auch zum Teufel komm raus nicht rot werden. Über die eigene Handlänge hinaus sind sie gewachsen, zahlreich, teilweise nahmen sie sich gegenseitig das Sonnenlicht. Aber die gewünschte Farbe blieb aus…

Die Saison schien schon langsam ihr Ende zu finden und mitgleich meine Hoffnung auf saftig rote Chili-Früchte. Waren etwa alle Anstrengungen umsonst gewesen? Ich wusste, ich hatte einfach viel zu spät mit meiner Aufzucht begonnen. Pläne wurden geschmiedet, die Töpfe wieder ins Haus zu stellen unter anderem mit Rotlicht-Aufbauten oder spezielle Leuchtstoffröhren zu kaufen, um starkes Sonnenlicht zu inszenieren.


Ein Wetterumschwung. Sonne. Mindestens eine Woche lang und pausenlos. Die Chance!


Es muss diesen „Pflanzengott“ geben, denn er half mir. Anfangs minimal, die Spitzen orange-farben getränkt, entwickelte sich die Farbe doch tatsächlich noch zu einem saftig satten Rot.

Aus dem anfänglichen Grinsen wurde Freude. Mit der Ernte besiegelte ich mein Glück. Ein stolzer Chili-Papa bin ich gewesen.


Die Frage wie meine Chilis geschmeckt haben und wie scharf sie waren, kann ich dennoch nicht beantworten. Wie zuvor schon angedeutet, war der Ausgang nicht hundertprozentig deklariert.

Aber sie zum Kochen zu benutzen, stand nach dieser gemeinsamen Zeit definitiv nicht mehr zur Debatte 😉